Projektleitung: | Univ.-Prof. Dr. Anton Pelinka | |
|
|
|
Durchführung: | Dr. Guenther Steiner | |
|
|
|
Finanzierung: | Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger | |
|
|
|
Fertigstellung: | Dezember 2013 |
Am 6. April 1939 starb Josef Resch. Er war Unterstaatssekretär im Staatsamt für Soziales in den Jahren 1918 bis 1920 und von 1920 bis 1938 mehr als zehn Jahre lang Sozialminister. Wollte man die Sozial(versicherungs)politik Österreichs in der Zwischenkriegszeit an einer Person beleuchten, eignete sich niemand besser dafür als Josef Resch. Sein 75. Todestag war denn auch für den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger Anlass, seine Rolle in der Entwicklung der Sozialversicherung in Österreich in einer Studie aufarbeiten zu lassen. Gleichzeitig entstand damit eine Darstellung und Analyse der wichtigsten Marksteine der Sozialversicherung der Zwischenkriegszeit. Die Arbeit basiert auf Primärquellen des Staatsarchives und anderer Archive, auf Protokollen und Zeitungsberichten sowie publizierten Sekundärquellen, nicht zuletzt den Schriften Josef Resch’.
Kaum ein Politikfeld der Zwischenkriegszeit ist ideologisch so aufgeladen wie die Sozialpolitik. War sie für die Sozialdemokratie geradezu identitätsstiftend, verbindet man die Christlichsozialen nicht selten mit dem berühmten Ausspruch Bundeskanzler Ignaz Seipels vom “Wegräumen des revolutionären Schuttes”. Für beide Lager war Sozialpolitik Ausdruck der “österreichischen Revolution”.
Josef Resch stammte aus einfachen Verhältnissen des Wiener Kleingewerbes. Im zweiten Bildungsweg studierte der Glasermeister aus Hernals Jus und bildete sich zum Fachexperten für Sozialpolitik heran. Seine sozialpolitische Prägung erfuhr er im Katholischen Volksbund, der die christlichsoziale Sozialpolitik der Zwischenkriegszeit bestimmte. Er wurzelte in der katholischen Soziallehre und stand der christlichen Gewerkschaftsbewegung nahe, ohne ihr Funktionär zu sein. Als er 1918 Unterstaatssekretär unter Ferdinand Hanusch wurde, war er Unterabteilungsleiter in der Arbeiter-Unfallversicherungsanstalt.
Nach dem Ende der Großen Koalition stieg er im November 1920 zum Sozialminister auf. Entscheidend wurde seine zweite Ministerschaft von 1924 bis 1929, in der die Christlichsozialen ihr Konzept der Mittelstandspolitik und der Organisation der Sozialversicherung nach Berufsgruppen umsetzten. Dahinter dürfen auf jeden Fall machtpolitische Gründe gesehen werden. Man wollte die Hinwendung der Angestellten und der Bauern zur Sozialdemokratie ebenso verhindern wie dieser die alleinige Machtposition in der Sozialversicherung zu überlassen.
Wie sehr jedoch die Sozialversicherung unter wirtschaftspolitischen Aspekten stand und wie sehr wirtschaftliche Überlegungen die Politik der Christlichsozialen dominierten, demonstriert am besten die sogenannte “Wohlstandsklausel”, mit der verhindert wurde, dass das Arbeiterversicherungsgesetz, wiewohl beschlossen, in Kraft trat. Auch für Josef Resch galt das Primat der Wirtschaft als Basis für Sozialversicherungspolitik. Bei all seinem Verständnis für Sozialversicherung, das weit über das damalige Maß in bürgerlichen Kreisen hinausging und worin er Vorreiter war, blieb er damit innerhalb der Parteilinie.
Seine dritte Ministerschaft von 1930 bis 1933 stand vollends unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise und dem Versuch der Reform der Sozialversicherung, ohne die Wirtschaft zu belasten. Als er für seine Reformvorschläge von Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerseite Kritik erntete, trat er 1931 kurzzeitig zurück. Ebenso legte er sein Amt im März 1933 nieder, weil er den autoritären Kurs der Regierung Dollfuß nicht mittragen wollte und konnte. Hier zeigt sich Reschs ausgeprägtes Demokratieverständnis. Er wurde auch von der Sozialdemokratie geschätzt und stand am linken Flügel der Christlichsozialen. Er wurde schließlich 1936 von Kanzler Dollfuß in einer Phase der Entspannungspolitik gegenüber der sozialdemokratischen Arbeiterschaft noch einmal ins Sozialressort geholt. Hatte er sich um das zentrale Sozialversicherungsgesetz des “Ständestaates”, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz von 1935 noch Verdienste erworben, so war er in den letzten Monaten seiner Amtszeit schon von seiner Krebserkrankung geschwächt. Resch blieb bis zum 11. März 1938 formal im Amt.
Von Bedeutung ist sein weitreichendes Verständnis von Sozialpolitik und Sozialversicherung, auch als Instrument des sozialen Ausgleichs und der Demokratie. Unter den wirtschaftlichen Voraussetzungen der 1950er Jahre hätte es der Sozialminister Josef Resch sicher wesentlich leichter gehabt.
Die Arbeit ist als Buchpublikation im ÖGB-Verlag erschienen.