2006: Affirmative Action für MigrantInnen? Am Beispiel Österreich.


Durchführung: Dr. Radostin Kaloianov


Finanzierung: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
(Post-doc Fellowship GSK)


Fertigstellung: Oktober 2006


Unter den Bedingungen zunehmender Drittländerimmigration nach Österreich, der damit verbundenen demographischen und normativen Diversifizierung der Gesellschaft, der Virulenz der politischen Instrumentalisierbarkeit der “Ausländerfrage” in Wahlkampfzeiten sowie den vereinzelten Versuchen von Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung wie der Stadt Wien, affirmativ-integrative Angebote an die migrantische Bevölkerung zu richten, geht die Forschungsarbeit der Beantwortung von drei Fragen nach: Was ist Affirmative Action-Politik? Welche normativen Notwendigkeiten sprechen für den Einsatz von Affirmative Action-Politik? Welche praktischen Gestaltungsmöglichkeiten haben solche politischen Maßnahmen?

Im ersten Teil der Arbeit werden Affirmative Action-Politiken als zeitlich limitierte Politiken der aufwertungsorientierten Berichtigung von diskriminierungsmotivierten Benachteiligungen von Personen und Gruppen vorgestellt, die sich einer zweifach paradoxen Aufgabe stellen müssen: eine Revolutionierung der Diskriminierungs- und Benachteiligungsverhältnisse einer Gesellschaft vorzunehmen, die (1) ohne Revolutionen auskommen muss und Revoltenprävention bezweckt und die (2) die Machtstellung derjenigen Akteure unterminiert, die erst dank ihrer Machtstellung Affirmative Action-Politiken für diskriminierte und benachteiligte soziale Gruppen in die Wege leiten.

Im zweiten Teil werden die drei distinkten Begründungswege von Affirmative Action-Politik vorgestellt und die Frage beantwortet, mit welchen normativen Mitteln solche Maßnahmen geltend gemacht werden können. In diesem Zusammenhang erweist sich jener Begründungsweg, der sich auf die normative Idee sozialer Diversität stützt, als besonders aussichtsreich zur Einforderung von Affirmative Action-Politik. Dennoch sollen Affirmative Action-Politiken, die in Hinblick auf die Tatsache der Abwertung und Unterdrückung von soziokultureller Diversität und ausgehend vom anerkennungsmoralischen Verständnis von sozialer Diversität als Diversitätspolitiken zustande kommen, den aufwertungspraktischen Kern von Affirmative Action-Politik nicht aus den Augen verlieren und nicht zu reinen Verwertungsmaßnahmen verkommen, die nur mehr die Interessen der Aufnahmegesellschaft bedienen und das Empowerment der Betroffenen durch Diskriminierung und Benachteiligung zur Nebensache verkommen lassen.

Im dritten Teil wird die praktische Möglichkeit von Affirmative Action-Politik untersucht und anhand von zwei zusammenhängenden Praktikabilitätsproblemen – die Identifikation der Problemlagen und der Betroffenen – die Frage behandelt, ob Affirmative Action-Politiken, wenn sie als normativ notwendig erkannt und argumentiert werden können, dann doch nicht an der Unmöglichkeit ihrer praktischen Umsetzung scheitern.