
Projektleitung: | Mag.a Marietta Schneider (GM-Beauftragte des EQUAL-Projekts) | |
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Durchführung: | Mag.a Katrin Auer Mag.a Karin Bischof Mag.a Marietta Schneider |
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Finanzierung: | Europäischer Sozialfonds Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit |
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Fertigstellung: | August 2005 |
Ziel der im EQUAL-Projekt “Verschiedene Herkunft – gemeinsame Zukunft” angesiedelten Evaluierung war es, Projektstrukturen anhand eines ausgewählten Arbeitsbereichs vertiefend aus der Gender-Perspektive zu beleuchten. Analysiert und bewertet wurde primär der vielschichtige Modellgemeinden-Entwicklungsprozess in Modul 3, da hier sämtliche Module ineinander liefen und sich die Strukturen des Gesamtprojekts am deutlichsten herauskristallisierten. Die expliziten strategischen Ziele dieses Moduls umfassten die Aktivierung möglichst breiter Bevölkerungsschichten, die Förderung von Beteiligungsformen in der Entwicklung eines Gemeinde-Integrationsleitbildes und in der Folge die Schaffung von interkulturellen Modellgemeinden mit überregionaler Ausstrahlungskraft. Am Beispiel zweier Modellgemeinden – einerseits Krems als städtische und andererseits Traismauer als ländliche Gemeinde – wurden sowohl die unterschiedlichen Ebenen im Partizipationsprozess (Repräsentanz, Kommunikationsstruktur und Themenfindung, Entscheidungsfindung und Umsetzung) vor dem Hintergrund des lokalpolitischen/landespolitischen Kontextes differenziert betrachtet, als auch Effekte “lenkender Eingriffe” bzw. Aktionen seitens des Projektteams untersucht. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der spezifischen Verflechtung von Gender-Kontext und antirassistischem Kontext, wobei auch die Kategorien sozialer Status und Bildungshintergrund wesentlich berücksichtigt wurden. Gefragt wurde konkret, welche Gruppen/Teilgruppen sich in welcher Weise und mit welchen Effekten am Prozess beteiligt bzw. eingeschaltet haben, welche Bedingungen dafür ausschlaggebend waren und inwiefern dadurch gleichberechtigte oder hierarchische Strukturen geschaffen bzw. reproduziert wurden.
Methodisch knüpfte die Gender-Evaluierung an die parallel am Institut für Konfliktforschung laufende wissenschaftliche Projektbegleitung an. Untersuchungsgrundlage war größtenteils bereits erhobenes Datenmaterial wie die Feldprotokolle aus der teilnehmenden Beobachtung, ExpertInneninterviews, Notizen aus der Teilnahme an Modularbeitsgruppen und Dokumentationsmaterial aus dem Projektprozess.
Sowohl in den im Rahmen der Gender-Analyse fokussierten Gemeinden als auch in den beiden anderen Projektgemeinden war die zahlenmäßige Frauendominanz im Projektprozess augenfällig. In Krems lag der Anteil der beteiligten Frauen im Schnitt (über den gesamten Projektverlauf hindurch gerechnet) bei 80 Prozent, in Traismauer bei 70 Prozent. Dabei wurde teilweise eine Tendenz sichtbar, die sich als “männliche Flucht aus dem weiblichen Themenfeld” charakterisieren lässt. Es war eine höhere Fluktuation bei der Anwesenheit der Männer (mit und ohne Migrationshintergrund) feststellbar. Der “Kern” der über alle drei Jahre hinweg kontinuierlich am Projekt Beteiligten war beinahe ausschließlich weiblich, wobei ein Großteil der ehrenamtlich engagierten Frauen einen beruflichen Hintergrund im pädagogischen oder sozialarbeiterischen Feld aufwiesen. Der Anteil der im Projektprozess beteiligten MigrantInnen lag etwa bei einem Drittel.
Der (sich im Projektverlauf verdeutlichende) gender-gap in der Projektbeteiligung deutet darauf hin, dass der Politikbereich Integration, der in den meisten Gemeinden im Rahmen des Projekts entstand, als sogenannter “weicher” Politikbereich identifiziert und mit den weiblich konnotierten Eigenschaften des Helfens und der Unterstützung Schwächerer identifiziert wird. Gleichzeitig bestätigen sich hier Erkenntnisse der feministischen Partizipationsforschung, denen zufolge der Abbau sozialer Ungerechtigkeit, der Einsatz für Schwächere sowie die Gemeinschaft als Motiv für politische Partizipation bei Frauen stärker ausgeprägt ist als bei Männern.
In Bezug auf die Kommunikationsstrukturen ließen sich unterschiedliche Muster feststellen. Dort, wo die Beteiligung von NGOs ausgeprägter war und die involvierten MigrantInnen vorwiegend Mittelschichthintergrund aufwiesen, entwickelte sich eine eher gleichberechtigte, kooperative und konsensuale Kommunikationsstruktur, in der auch die Position der MigrantInnen (hier hauptsächlich der Frauen) im Projektverlauf deutlich gestärkt wurde. Im anderen Fall, wo hauptsächlich türkische migrantische ArbeiterInnen in die Steuerungsgruppe involviert waren, waren häufig auch konfliktive Kommunikationsmuster prägend. Analog dazu stellten sich auch in Bezug auf den Entscheidungsfindungsprozess im ersten Fall bottom-up-Elemente als dominant heraus (hier waren MigrantInnen in organisatorische und strategische Entscheidungen eingebunden), im anderen Fall eher (top-down-Elemente (hier waren MigrantInnen wenig in die Entscheidungsfindung eingebunden). Im Gemeindenvergleich lässt sich vorsichtig eine Tendenz andeuten, der zufolge ein höherer Stellenwert des Projekts für die Gemeindepolitik eher top-down-Entscheidungsstrukturen und eine im Vergleich ausgeprägtere männliche Beteiligung bedingte.
Während in der Beteiligung und in der Entscheidungsfindung auch Männer involviert waren, erfolgte die (fast ausschließlich ehrenamtliche) Umsetzung der Maßnahmen, d. h. die Übernahme konkreter Arbeitsaufgaben beinahe zur Gänze von Frauen. Auf dieser Ebene waren Migrantinnen in Relation zu ihrem Anteil an der übrigen Beteiligung überproportional eingebunden.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass durch das Projekt in den Projektgemeinden ein neues Politikfeld “Integration” entstanden ist, das in der Hauptsache weiblich besetzt ist und dem gleichzeitig im kommunalen Kontext ein (in unterschiedlichem Ausmaß) geringerer Stellenwert beigemessen wird. Hier bestätigt sich eine wesentliche Aussage der feministischen Partizipationsforschung, der zufolge der Anteil von Frauen im zivilgesellschaftlichen Engagement hoch ist und in den letzten Jahrzehnten – nicht zuletzt auch im Zuge der Auslagerung vormals staatlicher Aufgabenbereiche – gestiegen ist. Zivilgesellschaftliches Engagement stellt, speziell wenn es um die Übernahme ehrenamtlicher Aufgaben geht, auch eine (von der Mehrheitsgesellschaft oft durchaus erwünschte) Partizipationsmöglichkeit für MigrantInnen dar.