2024: Alleinerziehende: Gesellschaftliche Bilder, Selbstwahrnehmung und Wege zur Selbstermächtigung


Projektteam: PDin Mag.a Dr.in Karin Liebhart (Leitung)
Anna Hasenauer, BA
Dr.in Stefanie Mayer


Finanzierung: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien (AK)
Frauenservice der Stadt Wien


Fertigstellung: Januar 2024


Studie zum Download


Das Forschungsprojekt „ALLEIN“ nahm die statistisch erwiesene potentiell und aktuell prekäre sozioökonomische Situation vieler alleinerziehender Frauen sowie die ebenfalls belegte Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung erwerbsaktiver und in besonderem Ausmaß erwerbsinaktiver Alleinerziehenden-Haushalte bzw. Ein-Eltern-Haushalte zum Anlass einer Erhebung neuer empirischer Daten. Dies geschah mittels Fokusgruppen mit Alleinerziehenden, die durch problemzentrierte Expert:innen-Interviews mit Repräsentant:innen einschlägiger Einrichtungen, Initiativen und NGOs sowie mit Wissenschaftler:innen und Medienfachleuten ergänzt wurden.

Nicht nur das hohe zeitliche Maß an unbezahlter Sorge- und Erziehungsarbeit und emotionaler Arbeit, das Alleinerziehende leisten, und das – in Kombination mit oftmals prekären Arbeitsverhältnissen, mangelnden beruflichen Perspektiven (aufgrund von Betreuungspflichten) und finanziellen Sorgen – häufig für permanente Zeitarmut und Erschöpfung ausschlaggebend ist, stand dabei im Zentrum des Interesses. Das Projekt war auch durch das vorherrschende gesellschaftliche Bild von Alleinerziehenden als besonders hilfsbedürftige Opfer bzw. Ein-Eltern-Haushalten als defizitäre Familien motiviert. Zusätzlich stellte sich vor dem Hintergrund eines traditionell konservativen österreichischen Familienbildes, das sich am konservativen Wohlfahrtstaat orientiert, die Frage, inwiefern sich im Zuge der Covid-19 Pandemie die Situation Alleinerziehender noch verschärft hat. So stellte etwa die Regelung sozialer Kontakte Ein-Eltern-Haushalte in mehrfacher Hinsicht vor zusätzliche Herausforderungen: in praktischer Hinsicht aufgrund von maximal eingeschränkten Betreuungsmöglichkeiten für Kinder, in emotionaler Hinsicht aufgrund sozialer und emotionaler Vereinsamung.

Aus den angesprochenen Problemlagen ergibt sich Handlungsbedarf hinsichtlich einer gezielten Unterstützung von Alleinerziehenden in vielerlei Weise: in Bezug auf finanzielle Absicherung, Förderung der Erwerbsbeteiligung und Erhöhung der Chancen am Arbeitsmarkt, Entwicklung besserer und flexiblerer Vereinbarkeitsmodelle für Beruf, Familie und Privatleben, effektiven Zugang zu Bildung und Weiterbildung, aber auch zu kulturellen Angeboten, und Gewährleistung von Möglichkeiten politischer Teilhabe. Die Ebene der Stereotypisierungen und der Konstruktion sowie Weitertradierung von traditionellen, sehr konservativen Geschlechter- und Familienbildern und deren Auswirkungen auf das Bild der Alleinerziehenden spielt in alle zuvor genannten Problematiken hinein und stand deshalb ebenfalls im Fokus des Erkenntnisinteresses dieser empirischen Studie.

Das Forschungsprojekt ermöglichte die Gewinnung differenzierterer Informationen über die sehr heterogene Gruppe der Alleinerziehenden (in Hinblick auf sozio-ökonomische Situation, Ausbildungs- und Berufskarrieren, Erwerbsaktivität und Erwerbsbiographie, Migrationshintergrund, Alter, Wohnort, Anzahl und Alter der Kinder) sowie eine genaue Beschreibung von Problemlagen, die sich aus unterschiedlichen Rahmenbedingungen, Lebenssituationen und Bedürfnissen für Alleinerzieherinnen ergeben. Zudem wurden Selbstbilder von Alleinerziehenden und von diesen wahrgenommene (gesellschaftliche) Fremdbilder analysiert. Im Zentrum des Projekts stand darüber hinaus die Entwicklung von Ideen, wie Vorurteile, gesellschaftliche Bilder und Stereotypen gegenüber Alleinerziehenden verändert werden können und wie Alleinerziehende in Hinblick auf facettenreiche Problemlagen und Herausforderungen besser und auch individueller problemspezifisch unterstützt werden können.