2001: Jüdinnen in der österreichischen Frauenbewegung 1890 – 1938


Projektleitung und Durchführung: Dr.in Elisabeth Malleier


Funded by: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur


Completed: Dezember 2001


Das im Dezember 2001 abgeschlossene zweijährige Forschungsprojekt hatte drei Schwerpunkte zum Thema. Neben Recherchen zum Leben einzelner Frauen und ihren Aktivitäten im Rahmen der österreichischen Frauenbewegung wurden auch internationale Beziehungen untersucht. Ein wichtiges Forschungsziel war es, die Aktivitäten der Frauen mit ihrem Selbst-Bewußtsein als Jüdinnen und in Verknüpfung mit ihrem politischen Umfeld darzustellen. Insgesamt wurden im Rahmen des Projekts von über 40 Aktivistinnen dreizehn Frauen ausgewählt und ausführlich dargestellt.

Zu den in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geborenen Pionierinnen der Frauenbewegung gehören Ottilie Bondy, Regine Ulmann und Ernestine Federn. Weiters waren Frauen jüdischer Herkunft als Herausgeberinnen, Redakteurinnen und Journalistinnen an der Entstehung der Wiener Frauenbewegungspresse maßgeblich beteiligt. Dies wird in der Studie an den Beispielen Henriette Herzfeld, Leopoldine Kulka und Ernestine von Fürth ausgeführt. Als Beispiele des vielfältigen sozialen Engagements jüdischer Frauen habe ich Else Federns Aktivitäten im Ottakringer “Settlement”, Henriette Weiß` Engagement für die Krankenpflegerinnenausbildung sowie als Begründerin von Lungenheilstätten und Volkssanatorien und Olly Schwarz als Gründerin und Leiterin der “Zentralstelle für weibliche Berufsberatung” ausgewählt. Die Involvierung österreichisch-jüdischer Feministinnen in der internationalen Frauenbewegung untersuchte ich an den Beispielen der “Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit” und am ersten Weltkongress jüdischer Frauen, der 1923 in Wien stattfand. Weitere Aufschlüsse zum Thema Vernetzung ergaben sich in der Untersuchung lokaler Zusammenschlüsse jüdischer Frauenvereine in Wien ab der Jahrhundertwende bis in die Zwanzigerjahre.

Ein wichtiger Faktor im politischen Umfeld, in dem sich die Frauen bewegten und mit dem sie sich auseinander setzten, war der aggressive Antisemitismus in Wien um 1900. Wie diese Studie deutlich macht, wurde von antisemitischer Seite auch die Frauenbewegung in ihren Anfängen als “jüdische Erfindung” denunziert. Ein Kapitel meiner Arbeit beschäftigt sich mit den Argumenten der AntisemitInnen und den Reaktionen jüdischer und nichtjüdischer Feministinnen auf diese Vorwürfe. Eine weitere Skizzierung der Wechselwirkung zwischen jüdischen Feministinnen und ihrem politischen Umfeld stellt das Beispiel des Ersten Weltkrieges dar, wo die Zugehörigkeit von Jüdinnen und Juden ebenfalls in Frage gestellt wurde. Hier versuchte ich, das komplexe Feld von Solidarität und Differenzen am Beispiel des Engagements dreier jüdischer Frauen im traditionell jüdischen, im überkonfessionellen und im zionistischen Bereich zu skizzieren. Das letzte Kapitel setzt sich ausführlich mit Vernetzungen jüdischer Frauen in Wien und auf internationaler Ebene auseinander.

Die vorliegende Untersuchung macht deutlich, welch bedeutenden Anteil Jüdinnen an der Entstehung der Emanzipationsbewegung für Frauen in Österreich hatten. Sie stellten von Anfang an und bis zu ihrer Vertreibung und Ermordung durch den Nationalsozialismus ein konstituierendes Element der Wiener Frauenbewegung dar. Nur ein Bruchteil ihres Engagements konnte mit dieser Studie sichtbar gemacht werden.