2016: Reinhold Melas in der österreichischen Sozialversicherung


Durchführung: Dr. Guenther Steiner


Finanzierung: Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger


Fertigstellung: Mai 2016


Diese Arbeit analysiert aus Anlass dessen 40. Todestages am 1. April 2017 die Rolle und Bedeutung Hofrat Dr. Reinhold Melas’ für die österreichische Sozialversicherung.

Melas begann seine Berufslaufbahn 1927 in der Krankenkasse der Handlungsgehilfen. Nach 1945 wurde er zu einer Schlüsselfigur der Gestaltung der österreichischen Sozialversicherung, nicht als Funktionär und Politiker, sondern als Fachexperte. Er war Mitinitiator der unmittelbar nach Kriegsende ins Leben gerufenen Arbeitsgemeinschaft der Sozialversicherungs-Institute. 1948 wurde er zum leitenden Angestellten des neu entstandenen Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und blieb dies bis zu einem Ausscheiden Ende 1970. In dieser Funktion wurde er ein wesentlicher Architekt des ASVG von 1955, dem wichtigsten Sozialversicherungsgesetz der Zweiten Republik. Auch die weitere Entwicklung, die Novellierungen des ASVG, die Einbeziehung der Selbständigen in die Sozialversicherung hat Melas wesentlich mitgestaltet. Schließlich war er von 1967 bis 1972 Präsident der Internationalen Vereinigung für soziale Sicherheit (IVSS).

Ausgehend von der Hypothese, dass der Fachexperte mit seiner Arbeit die Grundlage für die politische Entscheidung liefert und diese damit wesentlich mitbestimmen kann, geht die Studie der Frage nach, inwieweit dies bei Reinhold Melas der Fall war. Zweitens interessiert, wo er sich dem politischen Entscheidungsprozess beugen musste. Ersteres wird augenscheinlich darin, dass Melas mit dem von ihm initiierten Büroentwurf für ein neues österreichisches Sozialversicherungsgesetz 1951 eine wesentliche inhaltliche Vorlage für das spätere ASVG lieferte. Melas war weiters bei allen wichtigen Entscheidungen im Bereich der Sozialversicherung in allen Gremien als entscheidender Akteur dabei, sei es kraft seines Amtes als leitender Angestellter des Hauptverbandes oder als Fachexperte der SPÖ, als der er auch Initiativanträge (mit)formulierte.

Beispiel für Zweiteres ist die Organisation der Sozialversicherung nach 1945, festgelegt im Sozialversicherungs-Überleitungsgesetz von 1947, die sich Melas eindeutig zentralistischer vorgestellt hatte, auch und nicht zuletzt aus der Sicht des Sozialversicherungsangestellten denkend und nicht aus jener des politischen Funktionärs, bei welcher Frage er sich allerdings den politischen Gegebenheiten und den nicht zuletzt ideologischen Widerständen der Wirtschafts- und Landwirtschaftskreise und sohin der ÖVP unterwerfen musste. Der Hauptverband, das Reich des Reinhold Melas, mit seinen weitreichenden Kompetenzen war gewissermaßen ein kleiner Ersatz dafür. Melas hat ohne Zweifel den Hauptverband, auch durch seine “Führungsqualitäten”, zu einem wesentlichen Player der Sozialversicherungspolitik in Österreich gemacht und war gleichsam seine Personifikation.

Wesentliche Quellen dieser Arbeit sind die Protokolle der Gremien der Arbeitsgemeinschaft und des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, die auch über den Diskussionsprozess zu entscheidenden Gesetzesvorhaben und damit über die Haltung Reinhold Melas’ Auskunft geben. Daneben sind es Unterlagen des Österreichischen Staatsarchives, des Bundesministeriums für soziale Verwaltung sowie Vorträge und Artikel Reinhold Melas’, die die Quellenbasis für diese Arbeit bilden. Zeitzeugeninterviews bringen die Persönlichkeit Melas’ näher und helfen, die schriftlichen Quellen zu interpretieren. Ein Bildteil ergänzt die Arbeit, die als Buchpublikation beim ÖGB-Verlag erschienen ist.