Projektleitung: | Dr.in Birgitt Haller | |
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Durchführung: | Dr.in Birgitt Haller Mag.a Karin Stögner |
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Finanzierung: | Bundesministerium für Inneres | |
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Fertigstellung: | November 2005 |
Diese Studie zum Gewaltschutzgesetz beabsichtigte, die Situation von gewaltbetroffenen Kindern und Jugendlichen stärker in das Blickfeld zu rücken. Die durchgeführten Erhebungen umfassten mehrere Ebenen:
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Die bereits im Rahmen der “Folgestudie zur Evaluierung des Bundesgesetzes zum Schutz gegen Gewalt in der Familie” 2002 durchgeführte Auswertung der Statistiken der Interventionsstellen betreffend Gewalt gegen Minderjährige wurde bis 2004 ergänzt.
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Bei den Interventionsstellen Wien und Steiermark erfolgte eine Auswertung sämtlicher Akten aus dem Jahr 2004, die einerseits minderjährige Gewaltopfer und andererseits minderjährige Gewalttäter betrafen.
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Es wurden Interviews mit insgesamt 13 VertreterInnen von Jugendämtern, sowohl auf der Leitungsebene als auch mit SozialarbeiterInnen, durchgeführt. Einbezogen wurden diejenigen Standorte, die bereits 1998/99 im Zuge der Erstevaluierung des Gewaltschutzgesetzes untersucht worden waren, sowie zusätzlich, um ländliche Regionen stärker zu berücksichtigen, ein niederösterreichischer Bezirk.
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Abschließend erfolgten Interviews mit Mitarbeiterinnen der Interventionsstellen in den vier Bundesländern, in denen die untersuchten Jugendämter angesiedelt sind.
Im Vergleich zu 1999, dem Zeitpunkt der Erstevaluierung, sind die Jugendämter in den Untersuchungsregionen deutlich sensibler gegenüber der Situation von gewaltbetroffenen Frauen und Minderjährigen. Dies zeigt sich etwa an der erhöhten Akzeptanz gegenüber der Einstweiligen Verfügung, die nicht nur in Interviews geäußert wurde, sondern sich auch in der Statistik des Bundesministeriums für Justiz widerspiegelt. Gleichzeitig stößt die Jugendwohlfahrt – wie auch die Interventionsstellen – hinsichtlich der Betreuung von gewaltbetroffenen Minderjährigen an finanzielle Grenzen. Beide Einrichtungen sind nicht mit genügend Ressourcen ausgestattet, um adäquate Unterstützung anbieten zu können.
Abgesehen von diesem strukturellen Problem bestehen auch personenabhängige Defizite. Dies betrifft nicht nur die Jugendämter, sondern auch die Polizei und vermutlich die Familiengerichte (die nicht Gegenstand der Untersuchung waren). Eine starke subjektive Komponente zeigt sich etwa dann, wenn manche Jugendämter wegen des fehlenden Schutzes für die Kinder keine EV gegen den Willen der Mutter beantragen wollen, andere aber das Problem lösen, indem sie eine Sozialarbeiterin oder die Polizei häufiger Kontrollbesuche bei der Familie durchführen lassen.
Mit Blick auf die Polizei wurde in den Jugendämtern mehrfach kritisiert, dass Streitschlichtungen statt Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz erfolgten und diese Entscheidungen nicht nachvollziehbar seien. Da die Gründe dafür – wie auch SozialarbeiterInnen vermuteten – zumindest zum Teil in einer Überforderung der BeamtInnen durch den Umgang mit gewaltbetroffenen Kindern zu suchen sind, ist es dringend notwendig, Schulungen zu diesem Thema breit anzubieten. Ebenso problematisch ist eine anscheinend in ländlichen Regionen bestehende Tendenz, gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder in ein Frauenhaus zu bringen. Dies mag in Einzelfällen zur Erhöhung des Schutzes notwendig sein, es könnte aber auch auf eine ungenügende Annahme des Gewaltschutzgesetzes verweisen. Defizite aus Sicht der Interventionsstellen sind vor allem die geringe Zahl von zugunsten von Minderjährigen erlassenen Betretungsverboten und die Gefahr der Traumatisierung von Kindern im Zuge des polizeilichen Einschreitens, der mit einer spezifischen Ausbildung der BeamtInnen begegnet werden sollte.
Was die Familiengerichte betrifft, wurden in einigen Interviews Probleme angesprochen. So scheinen manche RichterInnen vor der Entscheidung über eine EV nicht nur beide Parteien, sondern auch Kinder anzuhören. Auch die mehrfach erwähnten Abweisungen von EV-Anträgen, die vom Jugendamt gestellt worden waren, könnten auf eine unzulängliche Praxis an manchen Gerichten hinweisen. Eine eingehende bundesweite Analyse der Entscheidungen über Einstweilige Verfügungen, die etwa auch Antragstellungen ohne ein vorhergehendes Betretungsverbot umfasst, fehlt nach wie vor.