Durchführung: | Dr.in Birgitt Haller Dr. Günther Sandner |
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Finanzierung: | Renner Institut | |
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Fertigstellung: | Juni 2005 |
Thema der Studie war es zu erheben, welche Vorstellungen bei österreichischen Expertinnen und Experten der Sozialpolitik hinsichtlich sozialer bzw. sozialstaatlicher Gerechtigkeit in Österreich bestehen. Um den Rahmen abzustecken, vor dem die Aussagen der ExpertInnen interpretiert werden sollten, wurden zunächst grundlegende, in der wissenschaftlichen bzw. sozialphilosophischen Literatur vertretene Konzepte von sozialer Gerechtigkeit identifiziert und deren Leitsätze herausgearbeitet. Als ExpertInnen wurden je vier WissenschafterInnen, PraktikerInnen und VertreterInnen von NGOs befragt und deren Aussagen überblicksartig ausgewertet.
Im abschließenden analytischen Teil wurden die Positionierungen der Expertinnen und Experten mit den idealtypischen theoretischen Modellen des Einleitungskapitels verglichen. Dabei ging es nur zum Teil um explizite Bezugnahmen auf bestimmte TheoretikerInnen, sondern vor allem um die mögliche Konvergenz mit oder zumindest Nähe zu den Leitsätzen und deren Hintergründen. Mehrheitlich fanden sich Vorstellungen sozialer Gerechtigkeit, die durchaus dem in der österreichischen Tradition verankerten Sozial- und Wohlfahrtsstaat verbunden sind, aber – in geringerem Ausmaß – auch Ansätze der Kritik daran, wie sie seit den achtziger Jahren die internationale und auch europäische Diskussion zu prägen begannen. Der theoretische Diskurs zur sozialen Gerechtigkeit wurde jedoch insgesamt nur sehr bruchstückhaft erfasst. Soziale Gerechtigkeit erweist sich nicht als klarer Begriff oder operationalisierbares Konzept, sondern eher als Schlagwort, unter das eine ganze Reihe von Vorstellungen subsumiert werden kann. Darin spiegelt sich ohne Zweifel auch die politische Debatte wider, in der der Begriff stärker und häufiger von Teilen der Sozialdemokratie und insbesondere den Gewerkschaften verwendet, im Grunde genommen aber explizit von keinem politischen Akteur offensiv in Frage gestellt wird. Als politisches Konzept ist “soziale Gerechtigkeit” offensichtlich zu unklar oder anders gesagt: zu unbestimmt, um auf eine spezifische Deutung und Programmatik festgelegt zu werden, der Begriff hat vielfach Schlagwortcharakter. Damit besteht, wie sich in den Interviews gezeigt hat, zwar Raum für zum Teil sehr unterschiedliche Vorstellungen; offensichtlich aber kaum für ein Konzept, das Gleichgültigkeit oder kühle Ablehnung gegenüber sozialer Gerechtigkeit artikuliert, wie es für die (idealtypisch) neoliberale Position typisch ist.