2016: Eine Untersuchung zur interkulturell-pädagogischen Praxis in ausgewählten niederösterreichischen Kindergärten. Reflexion und Impulse


Projektleitung: Mag.a Dr.in Karin Bischof


Durchführung: Mag.a Dr.in Karin Bischof (IKF)
Mag.a Elke Rajal (IKF)
Mag.a Maria Fürstaller (Institut für psychoanalytische Pädagogik, Universität Wien)
Mag.a Ines Garnitschnig (Verein Zeit!Raum)
Mag.a Dr.in Mürvet Özağac Özçelik (Institut für psychoanalytische Pädagogik, Universität Wien)
Mag.a Dr.in Judith Purkarthofer (Institut für Sprachwissenschaft, Universität Wien)


Kooperation: IFES Institut für empirische Sozialforschung GmbH, Wien


Finanzierung: Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Abteilung Kindergärten


Fertigstellung: September 2016


Projektbericht zum Download


Seit über 25 Jahren wird in niederösterreichischen Kindergärten Interkulturelle Pädagogik praktiziert. Im Rahmen der Evaluierungsstudie “Interkulturelle Pädagogik in Niederösterreich” (2013-2016) wurden mithilfe von qualitativen und quantitativen Verfahren Akzeptanz, Wirkungen und Weiterentwicklungspotentiale von interkultureller Elementarpädagogik in niederösterreichischen Kindergärten untersucht.

Die interdisziplinäre, qualitativ ausgerichtete Teilstudie dieser Evaluierung richtete das Hauptaugenmerk auf die pädagogische Praxis ausgewählter Fokuseinrichtungen. Dies war mit dem Ziel verbunden, Aspekte interkultureller pädagogischer Praxis – verstanden als differenzsensible Pädagogik – zu identifizieren sowie zu beschreiben und im Hinblick auf ihre positiven Wirkungen für die pädagogische Praxisgestaltung zu analysieren und auf mögliche Entwicklungspotentiale hin zu reflektieren. Der Umgang in der Interaktion mit Mehrsprachigkeit, Sprachförderung, aber auch ganz allgemein mit Differenz stand dabei im Mittelpunkt des Interesses. Die Teilstudie untersucht Interaktionen und Beziehungen in Kindergärten aus interdisziplinärer Perspektive und wie daraus, durch das Aufzeigen von Spannungsfeldern sowie anhand von Reflexionsfragen, Impulse für die pädagogische Arbeit abgeleitet werden können.

Der methodische Zugang verband die Auseinandersetzung mit literaturbasierten theoretischen Diskussionen und die Entwicklung von (potentiellen) Kategorien aus dem theoretischen Vorwissen mit einer ethnographischen Herangehensweise, für die Offenheit gegenüber dem Feld und seinen praktischen Erfahrungen kennzeichnend ist. Die Untersuchung setzte zudem auf eine multiperspektivische und multimodale Triangulation von qualitativen Daten: Verschiedene AkteurInnen erhielten über unterschiedliche Methoden die Möglichkeit, an der Erhebung teilzuhaben und in Kooperation mit den Forschenden Daten zu produzieren bzw. ihre Einschätzungen zu den erhobenen Daten einzubringen. Mit verschiedenen Erhebungsinstrumenten, wie teilnehmender Beobachtung, Videographie, Kommentierung von Videos, Interviews und linguistic landscapes, wurde versucht, den Anforderungen der Einbindung dieser vielfältigen Perspektiven gerecht zu werden.

Die Analyse pädagogischer Praxis erfolgte aus mehreren theoretischen/disziplinären Perspektiven. Im Zentrum der bildungswissenschaftlichen bzw. psychoanalytisch-pädagogischen sowie psychologischen Perspektive stand die Interaktions- und Beziehungsqualität zwischen Interkulturellen MitarbeiterInnen (IKM) sowie PädagogInnen und Kindern, aber auch die Gestaltung von Interaktionen und Beziehungen der MitarbeiterInnen untereinander. Dabei war die Annahme leitend, dass – in Anlehnung an den aktuellen Diskurs zur Qualität in frühpädagogischen Einrichtungen – die pädagogische Interaktions- und Beziehungsqualität des Personals der Kindergärten mit den Kindern, aber auch der Teammitglieder untereinander, bestimmende Merkmale differenzsensibler interkultureller Pädagogik darstellen. Mit dem sprachwissenschaftlichen Zugang wurde insbesondere die Gestaltung der sprachlichen Umgebung in den ausgewählten Einrichtungen untersucht und im Hinblick auf Einstellungen zum Aneignen, Lernen und Verwenden von Sprachen und Haltungen gegenüber Sprachen und ihren SprecherInnen analysiert und reflektiert. Aus politikwissenschaftlich-soziologischer Perspektive war von Interesse, wie in den ausgewählten Fokuseinrichtungen gesellschaftlich bedingte Zuordnungskategorien sichtbar werden und wie damit umgegangen wird. Es wurde z.B. danach gefragt, ob und auf welche Weise solche Zuordnungskategorien, wie etwa sprachliche, ethnisch- nationale oder auch geschlechtsspezifische, die pädagogische Praxis prägen. Es wurde untersucht, inwieweit solche Zuschreibungen flexibel gehalten und reflektiert sowie darauf basierende Festschreibungen vermieden werden.

Als Hauptergebnisse der Teilstudie lassen sich einerseits die zentrale Bedeutung der Teamzusammenarbeit für eine gelungene interkulturelle, differenzsensible pädagogische Praxis im Kindergarten hervorheben, beispielsweise eine klare, aber flexible Aufgabenteilung, kein “Oben” und “Unten” im Team oder die Wahrnehmung von interkultureller Pädagogik als Querschnittsaufgabe für alle MitarbeiterInnen. Andererseits erweisen sich bestimmte Aspekte pädagogischer Professionalität als besonders ausschlaggebend, unter anderem Offenheit und Differenzfreundlichkeit als pädagogische Haltung, eine positive Fehlerkultur und Reflexionsfähigkeit.