1997: Umsetzung des Wiener Modells einer kommunalen Interessenvertretung für ZuwanderInnen – Internationale Erfahrungen


Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. Anton Pelinka


Durchführung: Mag. Walter Fend
Dr. Birgitt Haller


Finanzierung: SPÖ-Landesorganisation Wien


Fertigstellung: März 1997


Ziel der Studie war es, verschiedene europäische Modelle der kommunalen Interessenvertretung für Zuwanderlnnen zu erheben und anhand dieser Fallbeispiele zu analysieren, welche Vor- und Nachteile mit den einzelnen Vertretungsformen verbunden sind. Die Studie konzentriert sich auf die Situation in der Schweiz und in den Benelux-Staaten, darüber hinaus wurden einzelne Fallbeispiele aus dem skandinavischen Raum skizziert.

Die Untersuchung ergab, daß sich die Modelle der kommunalen Interessenvertretung für MigrantInnen in den einzelnen Staaten, aber auch mitunter innerhalb dieser, wie insbesondere das Beispiel der Schweiz zeigt, deutlich unterscheiden. Divergenzen bestehen insbesondere in folgenden Bereichen:

  • Definition der angesprochenen Gruppe: Hier gibt es einerseits eine enge Definition, welche die Staatsbürgerschaft zum alleinigen Kriterium macht, und eine weite, welche “Neoinländerinnen” miteinschließt;

  • Rekrutierung der Beiratsmitglieder: Z.B. direkte Wahl durch alle ansässigen MigrantInnen versus Nominierung durch die zur Entsendung berechtigten Organisationen;

  • Zusammensetzung der Beiräte: Z.B. nur MigrantInnen oder auch inländische VertreterInnen, etwa der Sozialpartner, städtischer Behörden oder kommunaler Sozialdienste;

  • Kompetenzen der Beiräte: Zwar ist allen Modellen der rein konsultative Beiratscharakter gemein, doch bestehen erhebliche Unterschiede hinsichtlich des Aktionsradius. Dies betrifft die finanzielle Autonomie, Anhörungs-, Vorschlags- und Kontrollrechte sowie die Repräsentanz von Beiratsmitgliedern in kommunalen Organen (Ausschüsse etc.).

  • Für die Ausprägung der jeweiligen Vertretungsmodelle sind im wesentlichen zwei Momente mitverantwortlich, nämlich die Art der staatlichen Integrationspolitik und das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein des kommunalen Wahlrechts für AusländerInnen. Dabei zeigte sich in der Untersuchung, daß zwischen dem letzteren und der Institutionalisierung von MigrantInnenbeiräten kein unmittelbarer Zusammenhang besteht: Kommunales AusländerInnenwahlrecht und Beiräte können nebeneinander bestehen. In diesem Falle, wie etwa in den Niederlanden, entwickeln sich die Interessenvertretungen meist zu spezialisierten Fachorganen.

Wissenschaftliche Literatur zum Thema kommunale Interessenvertretung für MigrantInnen liegt in den von uns untersuchten Staaten kaum vor, so daß wir die relevanten Informationen vor allem bei den Stadtverwaltungen, bei VertreterInnen dieser Konsultativorgane und bei nationalen Einrichtungen, die mit Migrationsproblemen befaßt sind, recherchierten. Der Beitrag der vorliegenden Studie ist somit ein doppelter: Einerseits eröffnet sie der Politik europäische Erfahrungswerte und mögliche Anregungen für ein “Wiener Modell”, andererseits erschließt die Untersuchung durch ihren komparativen Charakter Forschungsneuland.