2005: Das Privileg der Unsichtbarkeit


Projektleitung: Univ.Prof. Dr. Anton Pelinka


Durchführung: Dr.in Helga Amesberger
Dr.in Brigitte Halbmayr


Finanzierung: Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank, Projekt Nr. 11160


Fertigstellung: Dezember 2005


Ausgangspunkt der Studie ist das multidisziplinäre Forschungsfeld der Critical-Whiteness-Studies (CWS) in den USA und im deutschsprachigen Raum. Die Besonderheit/Novität der CWS, welche in der Rassismusforschung verankert sind, besteht in der systematischen Berücksichtigung und Reflexion von whiteness/Weiß-Sein als ein System der Privilegierung und Dominanz und im Perspektivenwechsel von den rassistisch Diskriminierten hin zu den Diskriminierenden. Vor dem Hintergrund der bereits stattfindenden Rezeption des primär US-amerikanischen wissenschaftlichen Diskurses wird der Frage nachgegangen, welche Relevanz die Ansätze der CWS für die Rassismusforschung im deutschsprachigen Kontext haben können. Weiters stellen wir die Frage, ob nicht der ähnlich gelagerte, im deutschen Kontext von Birgit Rommelspacher (1995) entwickelte Dominanzkultur-Ansatz, welcher aber bislang kaum rezipiert wurde, adäquater für die Analyse von gesellschaftlicher Ungleichheit wäre. In der inhaltskritischen Analyse der primär sozialwissenschaftlichen Texte fokussieren wir auf die grundlegenden Begriffe der CWS, auf Intersectionality, Macht und den Perspektivenwechsel.

Die an den Beginn gestellte Diskussion der grundlegenden Begriffe der CWS – race und whiteness – hat zum Ziel, die epistemologischen Grundlagen und Bedeutungen im Hinblick auf deren Übertragbarkeit in den deutschsprachigen Kontext herauszuarbeiten, aber auch der Frage nachzugehen, ob Begriffe wie race/”Rasse” und whiteness/Weiß-Sein das “Rassedenken” erneuern und perpetuieren.

Mit der Studie erfolgt eine, bislang weder in den USA noch im deutschsprachigen Raum geschehene, umfassende und systematische Rekonstruktion und Dekonstruktion der Debatte zu whiteness. Die Konzepte der CWS stellen wir schließlich dem Dominanzkultur-Ansatz gegenüber, der Rassismus ebenfalls als zentrales Unterdrückungssystem begreift, dieses jedoch mit anderen Dimensionen asymmetrischer Machtverhältnisse, wie etwa Sexismus, Nationalismus, Behindertenfeindlichkeit, Homophobie etc. in Beziehung setzt. Die Omnipräsenz und Multidimensionaltiät von Machtverhältnissen und deren relative Unsichtbarkeit sind Grundelemente in der Entwicklung und Persistenz von Dominanz, welche für sich die Definitionsmacht und Überlegenheit beansprucht.

Die zentralen Potentiale beider Ansätze, nämlich der konsequente Fokuswechsel auf die dominanten Gesellschaftsgruppen und Strukturen, die Sichtbarmachung der dominanten Normen, Institutionen und Repräsentationen, die die Hegemonie der Mehrheitsgesellschaft stärken, sowie der Blick auf Privilegierung der dominanten Gruppen könnten der österreichischen Rassismusforschung wichtige Impulse geben.