
Projektteam: | Dr.in Birgitt Haller (Leitung) Viktoria Eberhardt, BA Bakk.phil MA Dr.in Stefanie Mayer Brigitte Temel, BA BSc MA |
|
|
|
|
Finanzierung: | BM für Soziales, Pflege und Konsumentenschutz, Sektion V/B/3 | |
|
|
|
Fertigstellung: | März 2024 | |
|
|
|
![]() |
Das Projekt untersuchte Erfahrungen und Wissen von Professionist:innen der Jugendarbeit in Bezug auf die Verbreitung der frauenverachtenden Ideologien der sogenannten Manosphere und besonders der Online-Subkultur der Incels unter österreichischen Jugendlichen. Im Projekt wurden sowohl qualitative wie quantitative Methoden angewandt: Interviews mit Expert:innen und Praktiker:innen aus der Jugendarbeit bildeten die Grundlage für die Erstellung eines Fragebogens, welcher österreichweit an alle Mitarbeiter:innen der Offenen Jugendarbeit ausgesandt wurde.
Die empirischen Ergebnisse zeigen deutlich, dass Jugendliche in ihren netzbasierten Lebenswelten mit diesen Strömungen in Berührung kommen und Elemente entsprechender Ideologien Eingang in ihren Alltag, in die Umgangssprache, die Haltungen von Burschen und jungen Männern gegenüber Frauen und ihre Erwartungen an Sexualität und Beziehungen finden. Ebenso deutlich zeigt sich, dass sich der Einfluss der unterschiedlichen misogynen Subkulturen und Ideologien in der Praxis nur schwer klar differenzieren lässt. Während übergreifende Motive wie ein grundlegend biologistisch geprägtes Weltbild, starr heteronormative, durch die Abwertung von Frauen geprägte Vorstellungen von Geschlechterverhältnissen und eine daraus resultierende Ablehnung feministischer und gleichstellungsorientierter Praktiken und Politiken sowie ein eindimensionales, durch körperliche Stärke geprägtes Männlichkeitsideal in der Jugendarbeit vermehrt zu Tage treten, erweist sich eine klare Zuordnung zu bestimmten Strömungen als schwierig. Einerseits erlauben die Projektergebnisse den – durchaus positiv zu sehenden – Schluss, dass es bisher kaum Erfahrungen mit fest in der Subkultur der Incels verankerten Jugendlichen gibt, weil es sich dabei nach wie vor um ein zahlenmäßig kleines Phänomen handelt. Andererseits – und dieses Ergebnis ist im Hinblick auf Radikalisierungsprävention ebenso besorgniserregend wie im Hinblick auf das Ziel der Geschlechtergleichstellung – muss festgestellt werden, dass frauenverachtende und diversitätsfeindliche, biologistische und in der Konsequenz auch für die betroffenen jungen Männer schädliche Diskurs- und Ideologieelemente im Mainstream der Online-Jugendkultur weit verbreitet sind.
Aus den im Rahmen der Studie gewonnenen Erkenntnissen lassen sich zahlreiche Handlungsempfehlungen ableiten: Etwa die Notwendigkeit einer stärkeren Verankerung von Sexualbildung und -aufklärung im österreichischen Schulbildungssystem sowie eine analoge Implementierung im Studium bzw. der Ausbildung von Lehrer:innen und Pädagog:innen. Ebenfalls muss kritischer Burschenarbeit mehr Raum gegeben werden – in diesem Zusammenhang ist es wichtig, Burschen mit positiven männlichen Role Models zu konfrontieren. Mit Blick auf die Offene Jugendarbeit besteht großer Nachholbedarf hinsichtlich des Ausbaus sowie der Professionalisierung digitaler bzw. aufsuchender Online-Jugendarbeit – auch dies muss bereits an den Fachhochschulen im Curriculum verankert werden. Eine Empfehlung an die Politik ist, Extremismusprävention stets gesamtgesellschaftlich zu betrachten. Die aktuell zu beobachtende Zuspitzung antifeministischer Einstellungen beispielsweise ist kein Phänomen, welches ausschließlich in klar benennbaren Gruppen zu beobachten, sondern gesamtgesellschaftlich wahrzunehmen ist. In diesem Sinne gilt es hier antidemokratische Herausforderungen wie beispielsweise Othering nicht zu externalisieren.